Der Ausschluss der Frauen aus dem literarischen Kanon der sowjetischen Literatur der sechziger und siebziger Jahre

Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, warum Texte von Schriftstellerinnen nicht in den literarischen Kanon (die Liste allgemein anerkannter Autoren und Werke, die "erste Reihe") gelangen. Dafür sollen literaturwissenschaftliche Darstellungen benutzt werden, in denen Produktion und Rezeption literarischer Texte als Bestandteile eines fortlaufenden literarischen Prozesses untersucht werden. Als besonders geeignet erscheint daher der von Willi Beitz herausgegebene Band "Vom 'Tauwetter' zur Perestrojka. Russische Literatur zwischen den fünfziger und neunziger Jahren", weil die Darlegungen von ideologischen Zwängen frei, aber doch traditionalistisch genug sind.

Die Prosa der sechziger und siebziger Jahre wird in insgesamt vier Kapiteln behandelt (Ich beschränke mich hier auf die Prosa, lasse Lyrik und Dramatik bewusst außer Betracht. Zugleich verkürze ich etwas, um deutlicher zu zeigen, wie der literarische Prozess - und innerhalb dessen der literarische Kanon - konstruiert werden.) Die Überschriften lauten: "Erneuerung der Prosa", "Krieg als immerwährendes Thema", "Russische 'Dorfprosa'", "Prosa der siebziger und achtziger Jahre". (Ein einzelnes Kapitel ist dem Schaffen Aleksandr Solženicyns gewidmet.)

Die Darlegungen in den vier Kapitel folgen vier verschiedenen Prinzipien: beschrieben werden ein Thema (der Krieg), eine Strömung (die Dorfprosa), eine qualitative Entwicklung (die Erneuerung der Prosa) sowie eine rein chronologische Darstellung (Prosa der siebziger und achtziger Jahre).

Die für ab der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre angenommene "Erneuerung der Prosa" gliedert sich wiederum in die Darstellung einer chronologischen Entwicklung ("Erste Impulse der Erneuerung" und ganz schlicht nach dem Alter der Autoren: "Alterswerke..."), einer Strömung ("Die 'Junge Prosa'"), verschiedener Genres ("Satirische Prosa", "Lyrische Prosa") und einzelner Autoren. Im Kapitel über die siebziger und achtziger Jahre werden zwei thematische Bereiche gesondert behandelt (das "Produktionsthema" und "Historische Prosa"), ansonsten werden die für jene Zeit als wesentlich betrachteten Autoren separat betrachtet: Daniil Granin, Sergej Zalygin, Andrej Bitov, Jurij Trifonov, Vladimir Tendrjakov sowie Cingiz Ajtmatov.

Wie also gerät ein Autor in den literarischen Kanon? Grundlage für die Zuordnung oder den Ausschluss ist eine bestimmte Hierarchie der Werte, die bei der Beurteilung literarischer Werke aufgestellt wird. Und an erster Stelle steht hier immer noch die "Bedeutsamkeit seiner Thematik" sowie die "Tiefe und Bedeutsamkeit der Problematik" (Literaturwissenschaft. Eine Einführung. Leipzig 1980, in dem von Petr Nikolaev verfassten Abschnitt "Kriterien künstlerischer Vollkommenheit", S. 329). Bedeutsam kann daher die Bearbeitung eines bestimmten Themas sein oder die Zugehörigkeit zu einer "bedeutsamen" Strömung, mitunter auch die Nutzung eines "neuen" Genres. Daneben steht die allgemeine "Bedeutsamkeit", über die später zu sprechen sein wird. Entscheidend ist in jedem Fall die "Bedeutsamkeit", ein eindeutig außerliterarisches, ideologisches Kriterium. Solcher Art Kriterien wurden auch für die Bestimmung der beiden sich in den sechziger Jahren herausbildenden literarische Strömungen, die "Junge Prosa" ("molodaja proza") und die "Dorfprosa" ("derevenskaja proza") zugrundegelegt.

Was ist unter einer literarischen Richtung oder Strömung zu verstehen?

(1) eine Gruppe von DichterInnen oder SchriftstellerInnen empfindet soviel Gemeinsamkeiten in ihren Auffassungen über Literatur, die sie deutlich von den jeweils aktuellen oder etablierten unterscheiden, dass sie eine Richtung begründen.

(2) Literarische Werke (einer, mitunter auch mehrerer Nationalliteraturen) weisen unabhängig voneinander soviel Gemeinsamkeiten in Hinblick auf den Gegenstand, die Problemstellung, die literarische Gestaltung auf, dass sie von der Literaturkritik/Literaturwissenschaft in einer Richtung zusammengefasst werden. Solche Fremdbestimmungen erscheinen meist als eine Art Hilfskonstruktion, und die Zuordnung wird von den betroffenen AutorInnen verweigert. Trotzdem setzen sich die Begriffe aufgrund der methodischen Handhabbarkeit durch. Für eigen- wie fremdbestimmte literarische Strömungen ist eine historische Entwicklung (Herausbildung, Aufschwung/Höhepunkt, Abflauen) charakteristisch sowie eine zentristische Struktur (ein oder zwei Schriftstellerinnen bilden das "Zentrum", die anderen werden zugeordnet). Selbstbestimmte Gruppierungen gab es unter den offiziellen sowjetischen Literaturverhältnissen nicht, dafür aber die Festlegung der oben genannten Richtungen.

Die "Junge Prosa" erregte nur kurzzeitig die Gemüter. Gefasst wurden mit diesem Begriff Texte mit jungen Helden. Sie stammten zumeist von Autoren, die im ersten Nachkriegsjahrzehnt erwachsen geworden waren.

Von einer Richtung zu sprechen, war nur kurze Zeit möglich, zu schnell hatten sich Neuheit von Thema und Figurengestaltung erschöpft. Die Autoren wurden älter und gingen sehr unterschiedliche Wege.

Wesentlich länger und intensiver beschäftigte sich die Literaturwissenschaft und -kritik mit der sogenannten Dorfprosa. [...]

Ein nicht nur "immerwährendes" sondern auch immer "bedeutsames" Thema war der große Vaterländische Krieg. Die Charakterisierung eines literarischen Prozesses auf der Grundlage der Bedeutsamkeit einer Problematik (denn auch die beiden Strömungen favorisieren eine bestimmte Problematik) bedingt die Kanonisierung von Autoren aufgrund der gewählten Themen/Probleme. "Künstlerische Qualität" ist ein nachgeordnetes Kriterium.

Die genannten Themen (Krieg, Dorf, "Produktion", hinzu käme noch die Darstellung der Natur etwa in der "Lyrischen Prosa") verweisen darauf, dass literarische Werke von Frauen hier keinen Platz haben, weil sie überwiegend über den gegenwärtigen Alltag in der Stadt schreiben. Jedoch gibt es auch Texte über den Krieg (I. Grekova) oder das Leben auf dem Dorf (Irina Velembovskaja). Jedoch impliziert die "Tiefe der Problematik" auch eine innere Hierarchie bei der Gestaltung eines Themas. So ist bei der Darstellung des Krieges die Gestaltung des Kampfes an der Front bedeutsamer als die des Lebens im Hinterland. Bei der Gestaltung des Produktionsthemas sind Probleme bei der Leitung eines Betriebes bedeutsamer als die einfacher ArbeiterInnen.

Andererseits gibt es einen kanonisierten Autor, Jurij Trifonov, der den Alltag in der Stadt zum Gegenstand vieler seiner Werke macht. Denn natürlich gibt neben der (ideologisch determinierten) "Bedeutsamkeit" von Thematik und Problematik (oder auch "Thema und Idee") auch Kriterien zur Bestimmung der "literarischen" oder "künstlerischen Qualität". Wie dies geschieht, lässt sich gut an Autoren demonstrieren, die nicht in erster Linie aufgrund von einer "Zuordnung" zum literarischen Kanon gerechnet werden. Es geht um die sehr allgemeine Frage des "Wie".

Meine These ist, dass Texte von Frauen in kein von der Literaturwissenschaft aufgestelltes Raster passen. Gibt es also grundsätzliche Unterschiede zwischen der Literatur von Frauen und Männern? Gibt es andererseits genügend Gemeinsamkeiten in den Texten von Autorinnen, um den Begriff "Frauenliteratur" zu rechtfertigen?

Die sowjetische Literatur der sechziger und siebziger Jahre ist geprägt vom Aufkommen, Blüte und Kanonisierung der sogenannten "Dorfprosa". Daher prägen Schriftsteller wie Vasilij Rasputin, Vasilij Belov und Viktor Astaf'ev den Kanon der etablierten Literatur. Hinzu kommen Autoren der "städtischen" Prosa wie Jurij Trifonov und Schriftsteller nichtrussischer Herkunft wie Cingiz Ajtmatov oder Hrant Matewosjan.

Nach Beginn der Perestrojka wurde dieser Literatur von einigen LiteraturwissenschaftlerInnen die weitere Anerkennung versagt. So versucht Galina Belaja ("Literatur und Stagnation". Die sechziger und siebziger Jahre" dienen (Literatur und Kunst, 2/1989, S. 162-177.) als kenntnisreiche und scharfsinnige Beobachterin der literarischen Entwicklung die Ursachen dafür zu ergründen, warum die kanonisierten Werke der sechziger und siebziger Jahre vom Standpunkt der Perestrojka aus kritikwürdig erscheinen. Ihrer Auffassung nach kam es in der Literatur wie in der Gesellschaft überhaupt zu Deformierungen. Sie nennt die immer wiederkehrenden Verbote von Büchern und Repressalien gegen Schriftsteller und Kritiker sowie einen "fehlenden kulturellen Nährboden" (167, viele, für die Entwicklung der modernen russischen Literatur wesentlichen Texte wurden nicht mehr publiziert). Innerliterarische Folge war eine versteckte Polemik und eine "äsopische" Sprache und Gestaltung von Konflikten. Auch gab es infolge der "vulgärsoziologischen Gegenüberstellung eines klassenbedingten und eines allgemeinmenschlichen Elements" Hemmungen, existentielle Fragen zu gestalten. (168)

Beachtenswert ist, was bei Belaja als Ideal erscheint. Sie zitiert hier den Kritiker Lev Arutjunov: "Der Künstler will im Rahmen des 'kleinen' Darstellungsgegenstandes das gesamte nationale Sein erfassen, die 'Mikrowelt' als Analogon der 'Makrowelt, als Mittelpunkt aller Probleme der Menschheit." (163)

Dies erreichte etwa Cingiz Ajtmatov mit "Belyj parochod" oder Vasilij Rasputin in "Prošcanie s Materoj". Später war ein solches Herangehen nicht mehr möglich. Und die Gestaltung von Geschichte erwies sich als künstlerische Sackgasse, weil Vergangenheit romantisiert und die Helden idealisiert wurden. Auch eine reine Beschreibung von Abscheulichkeiten, die auf die Gestaltung von Charakteren verzichtet (Viktor Astaf'ev, "Pecal'nyj dedektiv"), führt ins nichts, ebenso "wuchernde Weltuntergangstimmungen" oder eine "Überliteratur" ("sverchliteratura"), in der literarische Darstellung durch die Widergabe von Debatten ersetzt wird. (176) Galina Belaja fordert vom Schriftsteller ein humanistisches Grundprinzip und zitiert Thomas Mann.

Wolf Schmid hat in seinen "Thesen zur innovatorischen Poetik der russischen Gegenwartsliteratur" (Wiener Slawistischer Almanach, 4/1979, S. 55-93) einen Entwicklungsstand der sowjetischen Literatur beschrieben, der als Ausgangspunkt für eine Einschätzung der Frauenliteratur dienen kann.

Wolf Schmid konstatiert zunächst für die sowjetische Literatur eine Ablösung des sozialistischen Realismus. Diese Normablösung zielt vor allem auf dessen Herzstück, die sozialpädagogische Funktion. Besonderen Wandel erfährt das Thema, weil anstelle des Gesellschaftlichen das Private tritt und anstelle typisierter Figuren individuelle Persönlichkeiten, die "sich jede Bewertung nach der simplen Dichotomie von Positiv und Negativ entziehen." (56)

Diese Wandlungen werden deutlich in den beiden wesentlichen literarischen Strömungen der sechziger Jahre, der "molodaja proza", deren innovatorische Kraft allerdings Mitte der sechziger Jahre erschöpft ist, und der "derevenskaja proza". Als innovativ erscheinen auch anderes neue Genres sowie die Prosa Andrej Bitovs.

Welche Veränderungen gibt es in der Struktur der Texte?

1. Die Fabel: Da anstelle des praktisch handelnden, aktiven Helden erscheint ein "passiv erlebendes distanziert registrierendes analytisch erinnerndes, theoretisch reflexierendes Bewußtsein" tritt, erscheinen zwei Grundtypen der Fabelgestaltung: einmal die "chronologisch-lineare" Fabel als "Folge von Wahrnehmungen, Stimmungen, Reflexionen", was insbesondere in der "lyriceskaja proza" sowie im Genre der "putešestvie", der Reisebeschreibung sichtbar wird. Dazu kommt das das retropektive Erzählen. Die Erinnerungen dienen jedoch nicht mehr der "Abklärung des Allgemeinen, gesellschaftlichen, sondern der "Erkenntnis des eigenen Ich". (60 ff.)

2. Das Sujet: Das autorbeherrschte Sujet wird aufgeben. Charakteristisch ist, dass die Fabelsegmente im Sujet nicht umgestellt werden. Wenn es Rückblenden gibt, ist nicht mehr der Erzähler oder Autor dafür verantwortlich, sondern die sich erinnernde Person. (71)

3. Der Autor/Erzähler: Die Sujetkonstruktion verschleiert die "sinnkonstituierende Aktivität des abstrakten Autors" und schwächt die "organisierende Funktion des fiktiven Erzählers", stattdessen erscheint die erzählte Person als verantwortlich. (64)

Wesentlich ist der Verzicht auf explizite und auch implizite auktoriale Wertung. Der Erzähler erfasst seine Figuren nur so, wie sie sich selbst sehen. (65)

Das bedeutet "die Schwächung der darstellenden und erzählenden und die Stärkung des erzählten Instanzen" und hat in der sowjetischen Kritik zum Beispiel dazu geführt, den Erzähler und oft auch gleich den Autor mit dem erzählten Protagonisten zu identifizieren. (66) Um eine noch vorhandene "implizite Auktorialität" zu reduzieren, erfolgt in einigen Texten (zum Beispiel bei Šukšin oder in Tendrjakovs "Noc' posle vypuska") eine Verringerung des Erzählertextes. Eine weitere Möglichkeit besteht in der "Personalisierung des Erzählerberichtes.

Die Erzählperspektive beruht auf der "Brechung der erzählten Welt im Personenbewusstsein", das Erzählen wird vom Stanpunkt der erzählten Person bestimmt. (71) Das zeigt sich in der erlebten Rede. Im Gegensatz zur Prosa des sozialistischen Realismus erhalten die Figuren ein sprachliches Eigenleben, es kommt zur "stilistischen Spezifizierung des Personentextes". (73 f.) Die Interferenz von Erzählertext und Personentext wird zur strukturprägenden Erscheinung und führt zur Unmöglichkeit einer eindeutigen Bewertbarkeit des Erzählten. (79 f.)

Wolf Schmid bezieht sich auf zwei von Natal'ja Koževnikova benutzten Begriffe: "nesobstvenno-prjamaja rec'" als Wiedergabe von Bewusstseinsfakten und "nesobstvenno-avtorskoe povestvovanie", in der der Erzähler Benennungen und Wertungen aus dem Personentext übernimmt. (81 ff.)

4. Gattungen/Genres: Der Roman verfiel, es entwickelte sich die "novellistische Erzählung", die jedoch in der Mitte der sechziger Jahre im Zustand ihrer Vollendung erstarrte. Gegen Ende der sechziger Jahre bildete sich das Genre des "povest'-rasskaz" heraus, in der bei größerer Weltfülle die "fabul'naja nezaveršennost'" beibehalten wurde. In diesem Genre konnte sich die neue Poetik adäquat artikulieren. (85f.)

Zum Genre schreibt auch Karlheinz Kasper (Entwicklung und Leistung des Genres der Erzählung in der sowjetischen Literatur 1945-1975. In: Zeitschrift für Slawistik, 22 (1977), S. 733-739.) Interessant ist hier vor allem der Hinweis auf Andrej Bitov und dessen Überlegungen zum Genre. Bitov schreibt in den sechziger Jahren, dass sich die Grenzen zwischen "rasskaz" und "povest'" verschoben haben, wodurch es zur Ausbildung eines neuen Prosatyps kam, dem "dlinnyj rasskaz" oder "korotkaja povest'" oder "long short story". (734) An einer Stelle heißt es: "Andrej Platonov und Konstantin Paustovskij erkannten die großen Möglichkeiten des kleinen Genres zur künstlerischen Verallgemeinerung im universalen Maßstab" (736)

Aus den Ausführungen von Schmid ergibt sich ja, dass viele Texte von Frauen einer innovativen Prosa zugerechnet werden können. Es gibt jedoch ein wesentliches Kriterium, das sie nicht erfüllen: das des Genres. Frauen schreiben überwiegend Kurzgeschichten und Erzählungen. Das Genre des "povest'-rasskaz" wird selten bedient, das des Romans so gut wie gar nicht. Dadurch erhielten sie schon aufgrund der spezifischen Literaturverhältnisse in der damaligen Sowjetunion weniger Aufmerksamkeit. Seit Beginn der siebziger Jahre beherrschte das Genre des "Kurzromans" ("povest'-rasskaz die russisch-sowjetische Literatur (ganz charakteristisch bei Ajtmatov, Rasputin, Trifonov, Tendrjakov u.a.).

Ein zweiter Grund, warum die Frauen nicht in den literarischen Kanon hineinkommen, lässt sich anhand der Ausführungen von Belaja und Kasper erklären: es ist das fehlende Bestreben nach "künstlerischer Verallgemeinerung", nach "universaler Darstellung" (wie sie etwa bei Ajtmatov zu finden ist). Zugleich mangelte es ihren Themen an "gesellschaftlicher Relevanz" (wie in der Ökoproblematik bei Rasputin) oder auch Brisanz. Die alltäglichen Konflikte führten nicht zu einer extremen Zuspitzung (wie bei Tendrjakov). Auch beteiligten sich die Frauen nicht an der seit den siebziger Jahren übliche Einbeziehung der Geschichte (deutlich sowohl bei Ajtmatov wie bei Trifonov, auch bei Rasputin und Belov). Die Erinnerungen beziehen sich auf den Krieg, aber auch hier nur sehr "konkret", "privat".

Da die Bildung des literarischen Kanons immer über den Ausschluss eines größeren Teils der AutorInnen erfolgt, betrifft diese Ausgrenzung nicht nur Frauen. Auch Schriftsteller, an deren literarischen Fähigkeiten eigentlich kein Zweifel besteht, verbleiben in der zweiten Reihe (zum Beispiel Jurij Kazakov, Vladimir Solouchin u.a.). Die Ursachen sind meines Erachtens die gleichen wie bei ihren Kolleginnen: sie bedienen hauptsächlich die kleinen Genres und schreiben über (scheinbare) Nebenthemen. Ihre Arbeiten erscheinen und werden besprochen, aber zum wirklichen Durchbruch kommt es nicht.

Auch Autoren, die unbestreitbar viel gelesen und auch in der literarischen Öffentlichkeit diskutiert werden, haben keine Chance auf Aufnahme in den Kanon, weil sie Genres bedienen, die nicht zur "hohen", zur "eigentlichen" Literatur gezählt werden: die Wissenschaftliche Fantastik und die Kriminalliteratur. So schreiben Arkadij und Boris Strugackij: "Nun schon dreißig Jahre versuchen wir zu beweisen, dass die Phantastik ein gleichberechtigtes Genre der Literatur ist." (Literaturnoe obozrenie, 1988, H. 9, S. 25.) Während aber die Strugackijs zumindest innerhalb ihres Genres auf Anerkennung rechnen können, haben die Frauen kein eigenes.

Hier noch einmal die Gründe, die zu ihrem Ausschluss aus dem Kanon führen:



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