Zur autobiographischen Schreibweise

Sigrid Weigel schreibt in "Geschlechterdifferenz und Literaturwissenschaft" über den Widerspruch, der die Geschichte weiblicher Autoren prägt: das Bemühen, Autor zu werden, und das Werk von sich abzutrennen (684)

Lindhoff: "In der Verknüpfung von Autobiographie und Fiktion, der fehlenden Trennung von Leben und Werk ist immer wieder eine charakteristische Eigenart des Schreibens von Frauen gesehen worden." (174)

So heißt es über einen Roman von Ricarda Huch, dass dieser trotz des männlichen Ich-Erzählers aus weitgehend biographischen Material besteht. Die Autorin versuchte auf diese Weise, "von dessen erlebter Unmittelbarkeit im Medium der Fiktionalität Abstand zu gewinnen (256). Diese Schreibmuster wurde auch als "autobiographische Fiktion" bezeichnet. (259)

(Gabriele Prauß, Fremdheitserfahrungen. Zum fiktionalen Umgang mit Persönlichkeitsentwür-fen in einem autobiographisch geprägten Roman Ricarda Huchs. In: Michaela Holdenried (Hg.): Geschriebenes Leben. Autobiographik von Frauen. Berlin: Erich Schmidt Verlag 1995, S. 256-265)

Über die wenig bekannte, früh verstorbene Schweizer Autorin Annemarie Schwarzenbach (1908-1942) heißt es, dass ihr gesamtes Werk durch eine enge Verbindung von Fiktion und Wirklichkeit gekennzeichnet war, was durch autobiographische Figuren und Handlungsorte, aber auch die Wahl der Themen deutlich wurde, auch wenn ebenfalls mehrmals eine "Verschleierung" durch einen männlichen Ich-Erzähler anzutreffen ist. (270)

Das autobiographische Moment hat Konsequenzen für Struktur und Gehalt der Texte: "Der geringe Konstruktionscharakter der Texte, die einschränkende Typisierung der Figuren, eine gewisse Handlungsarmut zugunsten der Darstellung subjektiver Befindlichkeit" (271) Ursache dafür ist die Funktion des Schreibens als Selbstfindung und Selbsttröstung. Jedoch sind im späteren Werk auch "Tendenzen zu einer bewussten Verfremdung festzustellen, welche die zugrundeliegende biographische Realität zu verdecken sucht." (277) (Cornelia Uhlenhaupt: "Das ist das Geheimnis. Ich weiß nicht, was außerhalb von mir existiert." Zum biographischen Schreiben Annamarie Schwarzenbachs. In: Geschriebenes Leben, S. 266-277)

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